Leuchttürme

Leuchttürme sind Lichter im Meer, die nachts Schiffen Orientierung geben und ihnen sagen, dass es grundsätzlich auch Land gibt und nicht nur ozeanisches Wasser. Wir beziehen uns hier auf insgesamt vier Referenzquellen die bei der Orientation helfen sollen.

  • Theodor W. Adorno,
  • Auguste Rodin,
  • Martin Heidegger,
  • Boris Vian.

Das klingt nach viel, ist aber eigentlich eine Beschränkung.

Theodor W. Adorno

Warum beziehen wir uns auf Adorno?

Nur wenn man Adorno gelesen hat, kann man den Argumenten einer Säure-Salatsoße entgegen treten. Sonst hat man eigentlich keine Chance.

Wir erhalten bei Adorno’s Texten nicht nur Einblick in dessen eigene Bemühungen, sondern bekommen einen Überblick über das, was andere erarbeitet haben. Ein Philosoph muss sich auskennen in dem, was seine Vorgänger geschrieben haben, um nicht unfreiwillig ältere, bereits ausformulierte Überlegungen zu kopieren. Ein handelsüblicher Philosoph muss also viele Bücher gelesen haben.

Was passiert dann mit den Lesern, die zumindest Adorno einigermaßen  erfolgreich lesen können? Nun, die Bereitschaft, der Empirie Glauben zu schenken, schmilzt. Man kapiert irgendwann: Unser Reflexionsapparat braucht sich nicht vor den Resultaten des eigenen Denkens zu fürchten. Dies herauszufinden ist nicht einfach, heutzutage. Gar nicht so einfach.

Adorno veranschaulicht – anhand der Situationen des 20. Jahrhunderts – wie notwendig es ist, Partei zu nehmen und dass wir nicht ständig altbekanntes unter anderem Namen neu erfinden sollen – was anscheinend viele tun und nicht merken. Er warnt uns vor verdinglichtem Denken, vor Idealismus und Relativismus. Auch rät er uns, auf jegliche Systematik zu verzichten, also keine Modelle im Bereich des Denkens anzusetzen.

Wie kann man Adorno kennen lernen?

Wer unter starken Implosionen leidet, der soll die Finger von Adorno lassen, weil diese intensive Auseinandersetzung funktioniert leider nicht mehr. Die anderen können es mit „Dialektik der Aufklärung“ versuchen. Auch die „Ästhetischen Theorie“ ist zu empfehlen.

Der Autor hat Adorno in Händen gehabt, bevor die hier beschriebenen Probleme begannen. Er hatte insbesondere in der „Ästhetischen Theorie“ gelesen. Es ist so: Nur wer sich schon mal in Kreativität versucht hat, kann Adorno mögen. Man sollte schon mal ein paar Bilder gemalt, Theater gespielt oder in einem Orchester mitgewirkt haben – also etwas produziert haben, bevor man diese Texte in die Hand nimmt.

Der Autor zitiert hier keine Textpassagen von Adorno, es ist mehr seine Fähigkeit sich von der Empirie zu distanzieren, die wir bei ihm kennen lernen. Es existiert eine Tradition von fähigen Leuten, die die bürgerliche Seichtigkeit – um es milde auszudrücken – nicht mögen. Adorno stellt uns diese Tradition vor.

Auguste Rodin

Warum Rodin?

Auslöser war ein Besuch des Musee Rodin in Paris. Dort zeigte sich nach wenigen Minuten, dass Rodins Plastiken das gleiche Thema haben wie unser Buch. Allerdings kann Rodin nicht so tief im Dilemma gesteckt haben, wie der Autor selbst. Der Autor hätte so eine Kunst nie in Angriff nehmen können, denn er war viel zu durchlöchert, viel zu angegriffen.

Rodin stellt in seinen Werken, wie alle künstlerisch Produktiven, ein Stück extremer Lebensfreude dar. Kunst hat eine Blockierung, wenn sie versucht Leid darzustellen. Ein Implosions-Leid, welches sehr groß ist, beschäftigt sich nur mit sich selbst und kann nicht abgebildet werden.

Kinder sollten wir nicht mit Rodin konfrontieren, schon gar nicht im Unterricht. Kleine Leute haben kein Verständnis für das Unglück der von Rodin gefertigten Figuren und sollen sich mit anderen Dingen beschäftigen.

Wie kann man Rodin kennen lernen?

Das ist nicht schwierig. Es reicht, wenn man sich „der Denker“ und „La Martyre“, „der Kuss“ in originalgröße und den Rest im Katalog anschaut – oder eben mal einen Besuch im Musee Rodin macht.

Martin Heidegger

Warum Heidegger? 

Von Heidegger können wir zunächst lernen, wie wir an unseren Denkwegen zu bauen haben. Er rät uns, passende Vokabeln zu finden. So konstruieren wir hier unsere eigenen Begriffe: „Implosionswehren“, „Überbruchskontraktionen“, „Sisyphus-Reflex“, „Ich-Reserve“.

Vom Philosophen übernehmen wir das „MAN“, das „Gestell“ und das „Gemüt“. Die drei Steigerungsformen des Erschreckens stammen auch von Heidegger.

Der Verfasser konnte Heidegger als Ideenquelle gut gebrauchen. Was von ärztlicher Seite zu einem bizarren Vorwurf führte: Da Heidegger Implosionsprobleme mit einbezog, durfte man ihn nicht zitieren, da sein Verstand an sich vernebelt war. Aber was sollte dieses an sich bedeuten?

Wie kann man Heidegger kennen lernen?

Zum Schnelleinstieg möchte der Autor die Lektüre von „die Technik und die Kehre“ nahe legen, oder einige der Essays – dann kennt man die Vorgehensweise Heidegger’s. Das Hauptwerk ist „Sein und Zeit“.

Boris Vian

Warum Vian?

Wer „Implosionswehren“ nachvollziehen möchte, sollte unbedingt „Die Ameisen“ lesen. Im Kapitel 2 behandeln wir diese Kurzgeschichte und im Kapitel 3 die Folgen der Lektüre. Das Demolieren der Realität kann durchaus Schlimmes anrichten. Aber die Beschreibung des ganzen Prozesses, mit dem wir uns hier beschäftigen, könnte vielleicht dann dann doch helfen, Vian gefahrlos zu lesen – da wir wissen, wo wir aufpassen müssen.

Der Franzose ist – zumindest in Deutschland – dem lesenden Publikum nicht bekannt. Es muss schwierig gewesen sein, ihn so lange unter Verschluss zu halten. Vian hat das Potenzial zu großer Popularität, auch unter Lesern, die ansonsten wenig Interesse an Literatur haben. Warum? Boris Vian entdeckt menschliche Wesenszüge neu, die bei uns allen latent vorhanden sind, aber im Alltag häufig liegen gelassen werden. Einige seiner Figuren erscheinen wie Vorbilder, in die wir gerne hinein schlüpfen würden. Wir stellen amüsiert fest, dass ein bisschen von Boris Vian in uns allen steckt.

Vian polarisiert dennoch: Seine Texte haben entweder Begeisterung oder Ablehnung zur Folge. Das ist aber nicht verwunderlich, wenn wir die Texte mal aus der Distanz heraus betrachten: Einer Person, die keinen Bezug zu absurden Situationen hat, erscheint dieser Lesestoff als eine unaufgeräumte Ansammlung von Wörtern und Sätzen ohne erkennbaren Zusammenhang. Diese Leute kommen sich dann vergewaltigt vor.

Wie kann man Vian kennen lernen?

Als Texte bieten sich die Kurzgeschichten an:
„Surprise-Party bei Leonbille“, „Der Nebel“, „Blues für eine schwarze Katze“, „Der Impotente“. Sein erster Roman „Aufruhr in den Ardennen“ ist auch sehr gut zu lesen.


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